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Inmitten der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg erschüttert der teuerste Vertrag der Sportgeschichte die Fußballwelt. In den Hauptrollen der sechsfache Weltfußballer Lionel Messi und der hochverschuldete Krisenklub FC Barcelona. Ist es das besiegelte Ende einer Jahrzehnte langen »Liebesbeziehung«?

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Stellen Sie sich vor, Sie verdienen so viel Geld, dass Sie sich jeden Tag einen Ferrari leisten können. Wie viel kostet ein Ferrari? Das aktuell günstigste Modell, das Cabriolet »Portofino« mit V8-Motor und 620 PS kostet neu und ohne Extras knapp 190.000 Euro. Nettes Gedankenspiel denken Sie? Klingt absurd? Für einen Fußballprofi ist es das nicht, wie das nachfolgende Beispiel eindrucksvoll beweist.

»Der pharaonische Vertrag, der Barça ruiniert«

Wir schreiben Sonntag, den 31. Jänner 2021, als die zweitgrößte spanische Tageszeitung »El Mundo« mit einer Sensationsnachricht an die Öffentlichkeit geht. Auf ihrem Zeitungscover ragt schwarz auf weiß eine Zahl: 555.237.619 – daneben ein Euro- Zeichen. Darunter steht in großen Lettern: »El contrato faraónico que arruina al Barça«, was so viel bedeutet wie »Der pharaonische Vertrag, der Barça ruiniert«. Unterhalb ein Foto vom wohl größten Fußballer der Geschichte: Lionel »Leo« Andrés Messi Cuccittini. Es zeigt aber lediglich die (traurigen) Augen des argentinischen Zauberflohs. Spätestens jetzt ist klar: Es handelt sich hierbei um den mit Abstand größten Deal der Weltsportgeschichte.

»El Mundo« gelang es tatsächlich, den originalen Vertrag des sechsfachen Weltfußballers zu veröffentlichen samt Boni und diverser Details. Während man bereits aus den Daten der »Football Leaks«, die der SPIEGEL Anfang 2018 veröffentlichte, wusste, dass der Argentinier über 100 Millionen Euro jährlich verdiente, offenbart der Vertrag nun ganz neue – teils schockierende – Einblicke in die abgehobene Welt des Profifußballs. Eine Welt, in der der Sport immer mehr in den Hintergrund gerät und das Business dahinter überhandnimmt.

Das Paradoxe: Das vertrauliche Dokument wurde der Presse von einer Vertragsseite zugespielt, also vermutlich vom Arbeitgeber, dem FC Barcelona, höchstpersönlich. Der Verein aus Katalonien reagiert auf die Veröffentlichung mit einer Pressemitteilung, in der er deutlich macht, dass der Klub damit nichts zu tun hat und rechtliche Schritte gegen die Zeitung einleiten werde. Der Verein sieht darin eine Diskreditierung des Spielers.

Wie die spanische Sportzeitung »MARCA« berechnet hat, beläuft sich das Nettogehalt des Stürmers auf über 210.000 Euro pro Tag.

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555.237.619 Euro für vier Jahre

Wie setzt sich diese gigantische Summe von 555.237.619 Euro zusammen? Zuerst muss angemerkt werden, dass es sich hierbei um die Maximalsumme auf vier Jahre (2017 bis 2021) und einen Bruttobetrag handelt, der in Spanien zu circa 50 Prozent versteuert werden muss. 72,15 Millionen Euro sind jährliches Fixgehalt plus diverse Prämien – darüber hinaus 77,93 Millionen Euro Treueboni sowie »Signing Fees« von 115,22 Millionen Euro.

Die Maximalsumme kann »La Pulga« aufgrund verpasster Titel nicht mehr erreichen. 92 Prozent, also in etwa 511 Millionen, habe er aber bereits erhalten. Wie die spanische Sportzeitung »MARCA« berechnet hat, beläuft sich das Nettogehalt des Stürmers damit auf über 210.000 Euro pro Tag. Im Vergleich: Das Durchschnittsnettoeinkommen in Deutschland beträgt monatlich 2.079 Euro. Neben zahlreichen moralischen Aspekten stellt sich die Frage: Wer ist dafür verantwortlich?

Lionel Messi: Jeden Tag ein Ferrari

»Liebesbeziehung« vor dem Aus

Hauptverantwortlich dafür ist der ehemalige Präsident des FC Barcelona: Josep Maria Bartomeu. Am 27. Oktober 2020 musste der spanische Geschäftsmann, der in zahlreiche interne Skandale verwickelt war und gegen den ein Misstrauensantrag eingebracht wurde, von seinem Amt zurücktreten. Ein Grund dafür war auch ein im Sommer entbrannter öffentlicher Streit zwischen Bartomeu und Messi. Konkret ging es um eine Klausel in seinem Vertrag, die ihm einen ablösefreien Transfer im Jahr 2020 ermöglichen sollte. Der damalige Präsident weigerte sich und verwies auf die festgeschriebene Ablösesumme von 700 Millionen Euro. Der Argentinier verzichtete schlussendlich auf eine Klage und blieb beim Verein mit dem Wissen, dass sein Vertrag ohnehin im Sommer 2021 auslaufen würde.

Die wenigsten Experten glauben mittlerweile, dass die über Jahrzehnte andauernde »Liebesbeziehung« Barcelona-Messi harmonisch endet. Ein Abschied im Sommer scheint immer wahrscheinlicher. Doch hat der Megavertrag des Argentiniers Barça ruiniert?

Messi hat in den Saisonen 2017 bis 2020 einen Überschuss in Höhe von 235,6 Millionen Euro für den FC Barcelona erwirtschaftet.

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Messi ist »Epizentrum des Barça-Geschäftsmodells«

Die katalanische Zeitung »Sport« hat kürzlich mit einer Reihe von Ökonomen versucht, die Einnahmen, die der sechsfache Weltfußballer für den Klub generiert, zu beziffern. Das Ergebnis: Messi sei für rund 30 Prozent der Erträge des FC Barcelona verantwortlich. Es handelt sich dabei lediglich um eine Schätzung. Der Argentinier soll besonders bei Sponsoren des Vereins gefragt sein. So bietet der katalanische Spitzenklub zwei Variationen seiner Sponsoringpakete an – eine mit und eine ohne dem Gesicht des Superstars. Die Messi-Variante soll bis zu 50 Prozent teurer sein. »Leo ist das Epizentrum des Barça-Geschäftsmodells«, betont der mitwirkende Ökonom Marc Ciria im besagten Zeitungsbericht.

Die gesamte Rechnung zielt auf die Saisonen 2017 bis 2020 ab. Die aktuelle Spielzeit wird nicht berücksichtigt. In diesem Zeitraum hat »La Pulga« laut »Sport« 619,3 Millionen Euro generiert. Dem gegenüber stehen 383,7 Millionen Euro, die er Barça gekostet hat. Messi hat diesem Zahlenbeispiel zufolge einen Überschuss in Höhe von 235,6 Millionen Euro für den FC Barcelona erwirtschaftet.

Trotz dieser Zahlen darf und muss kritisch hinterfragt werden, ob ein Fußballklub, der 1,173 Milliarden Euro Schulden hat und Mitarbeiter dazu drängte, auf Teile ihres Gehalts zu verzichten, einen derartigen Vertrag verantworten kann. Einen Vertrag, der einen einzigen Spieler 210.000 Euro netto am Tag oder – um bei unserem Beispiel zu bleiben – alle 24 Stunden ein Ferrari »Portofino« beschert und das vier Jahre lang. Das Problem ist nicht Messi oder der FC Barcelona, sondern das System Fußball.

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