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Extremsportler Franz Müllner: »Wir sind Verfolgte, Getriebene und im Endeffekt arme Hunde«

Lesedauer: 10 Minuten

© Franz Müllner

Kraft- und Ausdauersportler Franz Müllner, 51, ist extrem, einzigartig und besessen. Besessen nach immer spektakuläreren Weltrekorden. »The Austrian Rock« über seine Anfänge als Extremsportler, einzigartige Projekte, übermenschliche Fähigkeiten, prägende Momente im Kriegsgebiet, seine Beziehung zu Arnold Schwarzenegger und die Liebe zum Risiko.

© Franz Neumayr/picturedesk.com

Auf seinen Schultern landet ein Helikopter, er zieht eine 142 Tonnen schwere Boeing 777, wirft Autos um, kämpft gegen den Feuerstrahl einer Jet-Turbine, bringt ein 750 Tonnen schweres Riesenrad nur mit Muskelkraft in Bewegung und hält mit den Händen das Seil eines Bungee-Springers. Klingt absurd und übermenschlich? Ist es auch!

Die Rede ist von Franz Müllner, seinesgleichen Extremsportler und Ausnahmeathlet – und das seit über 15 Jahren. Es gibt wenige Projekte, die der gebürtige Salzburger noch nicht durch jahrelanges Training und seinen eisernen Willen verwirklicht hat.

Müllner ist extrem und alles andere als gewöhnlich. Das fällt auch beim gemeinsamen Interview in Salzburg auf. Der Kraftsportler fährt mit seinem »hart abbezahlten« Dodge RAM vor. Der in giftgrün lackierte, amerikanische Geländewagen ist wie Müllner selbst eine Wucht und fällt auf: ein 6,2 Liter großer V8-Motor, 711 PS, 35 Zoll große All-Terrain- Bereifung und von 0 auf 100 Stundenkilometer in weniger als fünf Sekunden. In bunten Sportschuhen, blauer Jeanshort und schwarzem T-Shirt bekleidet betritt Müllner das Redaktionsbüro. Offen, ehrlich und gut gelaunt stellt sich der laut Eigendefinition »stärkste Mann der Welt« unseren Fragen zu seinem außergewöhnlichen Leben als Extremsportler. Ein kurzer Blick auf seine silberne, massive Uhr aus Stahl und schon geht es los.

142 Tonnen schwere Boeing 777: »Ich bewegte das größte zweistrahlige Flugzeug der Welt über 14,5 Meter aus dem Hangar in Wien«

© GEORG HOCHMUTH/APA/picturedesk.com

Herr Müllner, wie sind Sie zum Extremsport gekommen? Was waren Ihre Anfänge?

Ich war schon immer extrem. Wenn ich als kleiner Bub von meinen Eltern ein Rad geschenkt bekam, zerlegte ich es erst einmal vollständig. Ich bin überall hinaufgeklettert und heruntergesprungen. Ich war hyperaktiv.

Mit 18 Jahren zog ich von zuhause aus und ging zum Bundesheer, um eine militärische Spezialausbildung für das Jagdkommando zu machen. Ich sprang Fallschirm, tauchte in tiefen Gewässern, war Scharfschütze und verbrachte ein Jahr im Libanon sowie in Kuwait als Minensucher. Später arbeitete ich als Steinmetz und Bergputzer, ehe ich Ausdauersportler wurde.

Was kann man sich darunter vorstellen?

Ich nahm an Ironmans, 100 Kilometerläufen und 24 Stunden Mountainbikerennen teil. Es gab nichts, was ich nicht ausprobierte. 1999 lief ich den letzten Marathon in Salzburg, danach las ich in der Zeitung, dass »Big Otto« Wanz (österreichischer Boxer, Ringer und Wrestler; Anm. d. Red.) die stärksten Männer Österreichs sucht. Damit war mein Ziel klar.

Der stärkste Mann Österreichs zu werden?

Ja, damals lachten sie mich aus und sagten: »Was will der Müllner?« 2002 gewann ich das erste Mal den Titel zum stärksten Mann Österreichs. In der Folge war ich dreimal beim »World’s Strongest Man« sowie bei diversen anderen Kraftsportevents.

Irgendwann kam der Traum, dass ich einmal im Guinness Buch der Rekorde stehen möchte. Ich stellte mir die Frage, wie ich das schaffen könnte. Ich fand eine Sendung von TV-Moderator Oliver Geissen auf RTL: »Guinness World Records.« Dort meldete ich mich an und erzählte, dass ich einen Helikopter auf meinen Schultern landen lassen möchte.

Was war die Reaktion?

Sie erwiderten, dass es viel zu gefährlich sei. Ich ließ mich davon allerdings nicht verunsichern und gab keine Ruhe. Ich bin ein Mensch, wenn ich mir etwas in den Kopf setze, ziehe ich es auch durch.

Geht nicht, gibt es nicht: Müllner zog die 6,2 Tonnen schwere Festungsbahn in Salzburg zehn Meter bergauf.

© Franz Müllner

Sie gaben also nicht auf und ließen nichts unversucht.

Ich rief über 50-mal bei den Kollegen von RTL an. Die Mitarbeiter waren bereits angefressen, bis ich schließlich mit Oliver Geissen höchst persönlich sprach.

Was hat er gesagt?

Herr Müllner, Sie sind so lästig und aufdringlich, Sie gehen uns richtig am Arsch – entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise –, aber ich schicke Ihnen ein TV-Team nach Österreich. Wann können Sie den Rekordversuch durchführen?

Ich antwortete: nächste Woche – und das, obwohl ich nichts geplant hatte. Ich hatte keinen Helikopter, keine technischen Vorrichtungen, ich hatte nichts. Innerhalb von einer Woche organisierte ich den gesamten Rekordversuch…

…am Salzburger Flughafen und das mit Erfolg.

Korrekt, am besagten Tag, landete der Hubschrauber wie geplant auf meinem Rücken. Ottfried Fischer (bekannt aus der TV-Serie »Der Bulle von Tölz«; Anm. d. Red.) saß im Cockpit als Pilot. 570 Kilogramm hielt ich für 30 Sekunden auf meinen Schultern – der Weltrekord war geglückt. Meine Frau war damals hochschwanger und ich überglücklich.

Später wurde der Beitrag in einer Livesendung auf RTL ausgestrahlt. Am nächsten Tag titelte die BILD-Zeitung mit einem großen Foto von mir: »Ösi lässt mit Ottfried Fischer Helikopter auf seinem Rücken landen.« Das war mein Durchbruch als Extremsportler.

Und kurze Zeit später stand Ihr Name im Guinness Buch der Rekorde.

Vollkommen richtig, danach bekam ich zahlreiche Einladungen für diverse Veranstaltungen. So gibt es in den größten Ländern dieser Erde eine offizielle Guinness-Show. China, Mexiko, Japan, Australien, Russland, Italien – ich war in allen Ländern, um meine Stunts und Rekorde zu zeigen beziehungsweise erneut zu brechen.

Kampfjet-Turbine VS. Müllner: Bei 1.500 Grad Celsius dem Feuerstrahl entgegen: »Mein Kopf war ein einziger Bluterguss«

© Franz Müllner

Wie viele Weltrekorde haben Sie bereits in Ihrem Leben aufgestellt und welche waren am spektakulärsten?

Mittlerweile sind es 44 an der Zahl. 2014 zog ich einen Langstreckenflieger in Wien.

2016 stürzte ich mich in Tschechien in den Strahl einer 25.000-PS-Kampfjet-Turbine. Bei rund 1.500 Grad Celsius kletterte ich dem Feuerstrahl auf einer am Boden liegenden Leiter entgegen. Ich hatte auf jedem Quadratzentimeter eine Tonne Druck. Danach war ich komplett blau am gesamten Körper und mein Kopf war ein einziger Bluterguss.

2019 versetzte ich das 750 Tonnen schwere »Hi-Sky« in München – das größte mobile Riesenrad der Welt – mit purer Muskelkraft in Bewegung.

2016 stürzte ich mich in Tschechien in den Strahl einer 25.000-PS -Kampfjet-Turbine.

Wie entsteht ein Weltrekord und wie sieht Ihre Vorbereitungsphase aus?

Man macht sich Gedanken, hat Ideen und entwickelt diese Schrittweise weiter, bis es schließlich in die konkrete Umsetzung geht.

Nehmen wir das Flieger-Projekt aus dem Jahr 2014 als Beispiel. Damals zog ich eine 142 Tonnen schwere Boeing 777 mit bloßer Muskelkraft. Ich bewegte das größte zweistrahlige Flugzeug der Welt (63,7 Meter lang; Anm. d. Red.) über 14,5 Meter weit aus dem Hangar am Flughafen Wien in Schwechat. Das Projekt hatte eine Vorbereitungszeit von über einem Jahr. Jeden Monat fuhr ich zweimal nach Wien und versuchte den Flieger zu ziehen. Einmal funktionierte es, einmal nicht – je nach Tagesverfassung. Ich hatte immer nur die frühen Morgenstunden für das Training zur Verfügung, danach war der Flieger in Betrieb.

Wie läuft es am Tag des Weltrekordversuchs ab?

In der Nacht davor ist man extrem nervös: Durchfall, Übelkeit, Erbrechen – das volle Programm. Die letzten zehn Minuten vor dem Stunt bin ich voll fokussiert und merke durch das Adrenalin nichts mehr.

44-facher Weltrekordhalter Franz Müllner: »Solange ich gesund bin und die Leute meine Stunts sehen wollen, werde ich weitermachen rein nach dem Motto: Extremsport bis zur Pension«

© Franz Müllner

Sie vermarkten sich als »The Austrian Rock«. Für welche Werte oder Eigenschaften steht die Marke Franz Müllner?

Sie steht für Kraft, Leidenschaft, Extreme, Willensstärke, Liebe und Natur.

Welche Rolle spielen die sozialen Netzwerke in Ihrer Vermarktung?

Eine bedeutende – Facebook und Instagram werden immer wichtiger. Gerade in Zeiten der Pandemie merkt man die enorme Bedeutung. Bei Sponsoren sind Social-Media-Posts gefragter als Zeitungberichte. Kein Wunder, denn meine Videos erreichen bis zu vier Millionen Aufrufe.

Wie viele Sponsoren besitzen Sie?

Ich hatte immer fünf bis sechs Sponsoren, projektbezogen auch mehr. Durch die Covid- 19-Pandemie verlor ich allerdings 80 Prozent. Aktuell besitze ich noch zwei Partner, die mich bereits seit über 15 Jahren begleiten.

Ich bin ein Mensch, wenn ich mir etwas in den Kopf setze, ziehe ich es auch durch.

Sie sind professioneller Kraft- und Extremsportler. Seit wann können Sie damit Ihren Lebensunterhalt verdienen?

Seit dem ersten Weltrekord im Jahr 2006 kann ich von meinem Extremsport leben. Man wird für Veranstaltungen auf der ganzen Welt gebucht und bekommt dafür gute Gagen, die je nach Land sehr unterschiedlich sein können. Beispielsweise erinnere ich mich an meine Reisen nach China, bei denen ich nicht allzu viel verdient habe – ein paar 1.000 Euro vielleicht. Dafür bekam man eine mediale Bühne mit einer Reichweite von mehr als 200 Millionen Menschen.

Wie setzen sich Ihre Einnahmen zusammen? Veranstaltungen, Sponsoren, Preisgelder für Weltrekorde, et cetera?

50 Prozent der Einnahmen gehen in etwa auf Veranstaltungen zurück und 50 Prozent auf Sponsorengelder. Für einen aufgestellten Weltrekord bekommt man kein Preisgeld. Guinness World Records bietet dir lediglich die weltweite Plattform und die damit verbundene mediale Aufmerksamkeit. Das Guinness Buch der Rekorde hat beispielsweise eine Auflage von einer Milliarde Stück und erscheint in mehr als 100 Ländern und in 21 verschiedenen Sprachen.

The Austrian Rock: Müllner zieht alles. Flugzeuge, Lastwägen, Autos oder sogar einen Panzer.

© Bundesheer_STROBL STEPHANIE

Wie viele Projekte haben Sie durchschnittlich pro Jahr?

Weltrekordprojekte mache ich zwei bis drei im Jahr. Kleine Veranstaltungen habe ich je nach Buchungslage 15 bis 20 im Durchschnitt.

Ist ein Weltrekord-Versuch auch schon einmal gescheitert? Wie gehen Sie mit Rückschlägen um?

Selbstverständlich, man muss auch lernen, ein »Verlierer« zu sein. Es gibt immer einen schnelleren, stärkeren und so weiter. Ich würde behaupten, ich bin ein guter Verlierer.

Wie oft haben Sie sich in Ihrer Laufbahn als Extremsportler bereits schwer verletzt? Wie gefährlich ist Ihr Beruf?

Ich hatte bereits zahlreiche schwere Verletzungen. Bei mir reißen vor allem die Sehnen – beispielsweise die linke und rechte Bizepssehne. Nach so einem Eingriff kann man in der Regel ein halbes Jahr keinen Sport ausüben. Ich trainierte nach sechs Wochen wieder, die Ärzte konnten es nicht glauben. Auch der Brustmuskel riss mir schon einmal ab. Ich bin sehr schmerzunempfindlich und halte extrem viel aus.

Es muss immer extremer, wilder und spektakulärer sein. Die Menschen wollen dich scheitern sehen.

Haben Sie einen persönlichen Betreuer und Arzt, der Sie bei Ihren Projekten begleitet?

Ich habe immer meinen persönlichen Arzt dabei, der mich betreut.

Wie »extrem« muss ein Extremsportler sein, damit er überhaupt von der schnelllebigen Medienwelt beachtet wird?

Als Extremsportler musst du dich immer wieder zum Extremen überwinden. Du musst mehr riskieren als andere. Wir sind Verfolgte, Getriebene und im Endeffekt »arme Hunde«, weil die Leute immer mehr wollen. Es muss immer extremer, wilder und spektakulärer sein. Die Menschen wollen dich scheitern sehen und auch der Neid spielt eine große Rolle. Was die Leute über mich sagen, geht mir mittlerweile am Arsch vorbei.

Abgehärtet: Die mentale Komponente macht über 50 Prozent aus. Mental war ich dank meiner militärischen Ausbildung immer schon stark. 

© Bundesheer_STROBL STEPHANIE

Welche Komponente spielt der mentale Aspekt?

Die mentale Komponente macht über 50 Prozent aus. Mental war ich dank meiner militärischen Ausbildung immer schon stark. Ich sah so viele grausame Dinge im Kriegsgebiet des Nahen Ostens, mich kann mental nichts mehr erschüttern.

Kennen Sie das Gefühl »Angst«?

Ja, wenn du keine Angst und keinen Respekt vor den Gefahren mehr hast, ist es eh vorbei.

Haben Sie ein Vorbild?

Bud Spencer und Terence Hill waren die Helden meiner Kindheit und dementsprechend meine Vorbilder.

Ich will irgendwann noch ein U-Boot unter Wasser ziehen – das wäre einzigartig und spektakulär.

Was haben Sie mit Arnold Schwarzenegger gemeinsam?

Ich bin der einzige, der gemeinsam mit Arnold Schwarzenegger im Guinness Buch der Rekorde steht. Ich stemmte zu seinem 68. Geburtstag eine Holzhantel mit 680 Kilogramm für 30 Sekunden in seinem Museum in Thal bei Graz. Am selben Tag rief Arnie mich persönlich an und gratulierte mir zum Rekord. Das war eine große Ehre für mich und sehr berührend.

Gibt es noch etwas, das Sie unbedingt erreichen möchten?

Ich will irgendwann noch ein U-Boot unter Wasser ziehen – das wäre einzigartig und spektakulär.

Blick in die Zukunft: Wie lange werden Sie noch aktiv sein und wo sehen Sie sich in einigen Jahren?

Ich möchte noch mindestens fünf bis sechs Jahre als Extremsportler aktiv sein. Solange ich gesund bin, die Leute meine Stunts sehen wollen und die Presse schreibt, werde ich weitermachen rein nach dem Motto: Extremsport bis zur Pension.

Herr Müllner, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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